Nachruf auf zwei Freunde






Wir sind von Frankfurt aus in die Nähe von Bayreuth gefahren , weil das Bild auf der Internetseie ein sympathisches Tinkerpony zeigte, dass genau so schaute wie mein Friesenhengst Alino.

Der sollte nämlich einen Freund bekommen.

Natürlich hätte es auch schiefgehen können.

„Menschen planen gerne und haben so ihre Vorstellungen“, würde Olivier sagen.

In diesem Fall ging es gut. Und Alino und Olivier wurden beste Freunde!


Es gab anfangs einige Herausforderungen wie Hufe geben, anrempeln beim Führen, longieren..., aber das legte sich mit Geduld und Liebe und vielen Karottenleckerlis. Auch wir beide waren Herzensfreunde


Nur einer konnte meinen Olivier so gar nicht leiden.

Von dem Moment an, als er das Grundstück betrat, war Rambo ein wahrer Tyran und Olivier zeigte sich rangniedrig.

Es gab zwei Gruppen, Rambo und Pony und Alino und Olivier.

Sobald Olivchen in die Nähe der Abtrennung kam, stürmte Rambo mit zurückgelegten Ohren entschlossen herbei, manchmal sogar mit gebleckten Zähnen. Olivchen gab Gummi und sauste davon.

In Frankfurt war Olivier das Pony, auf dem neue Schüler gerne starteten, denn er war gemütlich und hatte nicht im Sinn durchzugehen oder zu buckeln.

Bis auf zwei Mal. Einmal in Frankfurt und einmal im Vogelsberg.

„Das war aber nur, weil ich noch kein Wiesenfrühstück hatte. So ohne ein paar Maul voll Gras geht halt nix. Ihr Menschen braucht doch auch euern Kaffee. Verzeihung Frauchen, deinen Tee.“

So oder so ähnlich würde sich mein Olivchen dazu äußern.

Nun nahm das Schicksal seinen Lauf.

Zuerst verließ mein Alino uns, mich & Olivier.

Alino kämfte im September 2016 drei Tage lang um sein Leben. Da wohnten wir schon ein Jahr im Vogelsberg auf unserem eigenen Hof.


Olivier stand ihm bei.

 Besonders am ersten Abend und in der kritischen Nacht. Alino war zusammen gebrochen und hatte Fieber.

 Als er wieder auf den Beinen war, stellte Olivier sich so, dass Alino seinen Kopf und Hals auf seinem Rücken ablegen konnte.

 Olivier fraß gerne, aber in dieser Nacht hatte er keinen Appetit. Er blieb in den nächsten 2 Tagen immer in Alinos Nähe.

Bis zu dem Zeitpunkt als Alino sich selbst separierte, nachdem er sich an Olivier gekuschelt und verabschiedet hatte.

Alino verabschiedete sich von unserem Tierarzt Andres Wald, von mir und legte sich nach einem Kampf um sein Leben hinter dem Stall ins Gras, wo wir ihn in der Euthanasie gemeinsam begleiteten.

Alino wurde nur 8 Jahre.

Olivier war tief traurig und alleine.

Da Rambo ja nun nicht sein Freund war, konnte ich ihn nicht einfach zu ihm und Pony dazu lassen.

Ich brachte ihn auf die andere Seite des Stalles, den wir in zwei Hälften mit jeweils einem Auslauf geteilt hatten. Den Auslauf von Pony und Rambo teilte ich noch mal. Im abgetrennten Auslauf konnte Olivchen wenigstens in der Nähe der anderen sein.

Doch mein Pony gab mir zu verstehen, dass es zu den anderen wollte, ohne Abtrennung. 

 Nun, ich „bewaffnete“ mich vorsorglich mit einer Longierpeitsche, um im Notfall Rambos Angriffe abzuwehren und Olivier retten zu können.

Was dann geschah berührt mich heute noch zu tiefst.

Natürlich hatten auch Rambo und Pony mitbekommen, dass Alino gestorben war. Auch sie waren ein paar Tage etwas ruhiger und trauerten.

Ich öffnete also die Abtrennung und Olivier überquerte die Grenze.

Und...

Nichts, es geschah nichts.

Pferde sind einfach wunderbar soziale Tiere.

Olivier war nun alleine. Und in der Natur wäre er alleine nicht sicher gewesen. Rambo hat in dieser traurigen Situation ein großes Ponyherz gehabt und Olivier in der Herde willkommen geheißen.

Sie wurden über die Jahre beste Freunde, denn sie hatten eine Gemeinsamkeit, von der wir erst im Jahr 2020 erfuhren.

Es war, als Olivier Magenprobleme hatte und in einer Pferdeklinik behandelt wurde.

Obwohl wir hier natürlich auch einen Pferdedentisten hatten, der wusste, dass Olivier laut Equidenpass 13 Jahre sein sollte, hat er das so stehen lassen oder nicht erkannt. In der Klinik stellte der dortige Tierarzt/Dentist fest, dass Olivier 25 Jahre und eventuell noch älter sein musste.

Der Pass eine Lüge, wie so oft in der Welt der Pferdewelt, eine falsche Aussage über ein Tier.

Aber glaubt mir, 13 oder 25 oder noch älter. Das ist mir ganz egal. Mein Olivchen hat seinen Platz in meinem Herzen.

Was mich nur unfassbar wütend gemacht hat, war die Tatsache, dass mir so viele gemeinsame Jahre gestohlen wurden. Und Olivier ganz andere Belastung, Fütterung und Rentnerzeit gebraucht hätte.

In  2019 explodierten seine Beine. Er hatte CPL.

Von diesem Zeitpunkt an, pflegte ich seine Beine täglich und hatte dieser blöden Krankheit den Kampf angesagt. Doch sie ist unheilbar.

 Zu Beginn war Olivier insgesamt noch propper. Nachdem er das Problem mit dem Magen hatte, war sein Gewicht rapide gesunken. Auf Grund des hohen Alters, war es nicht möglich ihm wieder etwas drauf zu füttern.

Ein älteres Pferd verstoffwechselt die Nährstoffe aus dem Futter nicht mehr so gut. Auch die Zähne sind in diesem Alter sehr abgenutzt, so dass die Kauflächen nicht mehr so gut zusammenspielen. Die Nahrung wird nicht mehr gut zerkleinert.

„Dafür hast du mir ja immer riesen Portionen Heucobs eingeweicht und Rentnermüsli dazu gegeben. Und ganz viel Mash. Ich habe mich immer ganz dolle gefreut, wenn ich die Haustüre hörte und der Duft von meinem Futter in meine Nase stieg.“

Ja, mein Olivchen hat dann immer mit sein heißeres Wiehern vernehmen lassen und es ging ihm nicht schnell genug.

In dieser Zeit sind wir uns noch mal so viel näher gekommen. Ich habe ihm seine Wünsche von den Augen und Gesten abgelesen. Und wenn möglich auch erfüllt. Als er nicht mehr so lange laufen konnte, durfte er auf eigenen Wunsch auf der kleinen Wiese neben der Reithalle auf der anderen Straßenseite bleiben. An einem Abend weigerte er sich auf seine typische Art in den Stall rüber zu gehen. Erst fürchtete ich, es sei so weit und er wollte über die Regenbogenbrücke gehen. Ich rief sofort Andreas an.

Aber als er kam, knabberte Olivier Gras und es ging ihm gut. Von da an beobachtete ich meine Olive noch genauer und an einem Tag im Oktober wusste ich, dass ich die Entscheidung treffen musste.

Der schlimmste Tag im Lebe eines Tierbesitzers.

Ich besprach mich mit dem Krematorium Rosengarten und Andreas. Einen Tag später, am Abend des 13.10.2021 um 21:30, nachdem Olivier am Rand unseres Parkplatzes noch ein wenig Gras knabberte, schlief er mit einem letzten Schnauben ein.

Ich bin sehr dankbar für den Beistand von Andreas Wald und seiner liebvollen Art mit Olivier zu sprechen, ihn zu beruhigen. Und ich bin dankbar, dass ich mich entschieden habe, meinen Olivier einäschern zu lassen.

Es war ein würdevoller, liebevoller Abschied, als er von einer Mitarbeiterin und seinem Namensvetter Oliver abgeholt wurde.


Alino und Olivier können sich jetzt zusammen den Bauch voller Gras futtern und über die weiten Wiesen in Gottes Himmelreich flitzen. Und ganz bestimmt haben sie dort auch mein erstes Pferd Gismo getroffen. Und haben sich viel über uns zu erzählen.